Medien und Presse bei Lebenskleidung: Deine Quelle für nachhaltige Fashion-Insights!
Hallo und herzlich willkommen! Du interessierst dich also für die Hintergründe von Lebenskleidung und möchtest mehr über unsere nachhaltige Mission erfahren? Dann bist du hier genau richtig. Im Medien- und Pressebereich haben wir für dich eine exklusive Auswahl an Inhalten zusammengestellt, die dir tiefe Einblicke in unsere Arbeit und Philosophie geben.
Was erwartet Dich hier?
- Du findest hier sorgfältig ausgewählte Beiträge, in denen Journalisten und Modeexperten über unsere Arbeit, unsere Vision und die Veränderungen, die wir in der Fashion-Industrie anstoßen wollen, berichten.
Artikel:
- Lausche inspirierenden Gesprächen und Interviews mit unserem Team und erfahre mehr über die Herausforderungen und Erfolgsgeschichten, die hinter Lebenskleidung stecken.
Podcasts:
- Ob Making-Ofs, Behind-the-Scenes oder Expertenrunden – mit unseren Videos bekommst du einen visuellen Einblick in unser tägliches Schaffen und unsere Bemühungen um eine nachhaltigere Textilindustrie.
Videos:
Es erfüllt uns immer wieder mit Stolz und Dankbarkeit, wenn in der Presse über uns und unsere Pionierarbeit im Bereich nachhaltiger Stoffe berichtet wird. Für uns ist das nicht nur Anerkennung, sondern auch Ansporn, weiterhin konsequent unseren Weg zu gehen und die Modewelt ein bisschen grüner zu gestalten.
Warum ist uns das so wichtig?
Weil wir glauben, dass Mode und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können. Und weil wir wissen, dass es Menschen wie dich gibt, die diese Vision teilen und unterstützen wollen. Schau dich um, tauche ein in die Welt von Lebenskleidung und lass dich inspirieren. Gemeinsam können wir zeigen, dass nachhaltige Mode nicht nur ein Trend, sondern die Zukunft ist.
Bewegtbild
Hier der barrierefreie Text
Aus der Berliner Morgenpost Seite 24 JUNGE PROFIS 46. Woche 2015
„Umsatz steigern ist nicht das Wichtigste"
Die Firma Lebenskleidung stellt Stoffe her, die ethischen Ansprüchen genügen. Zwei Gründer über ihre Motive
VON ANDREA PAWLIK
Über das Thema Globalisierung können sich die beiden Gründer und Freunde richtig aufregen. Andere schuften für unseren Wohlstand", sagt Benjamin Itter mit Nachruck. Wir exportieren unsere Kosten nur", ergänzt Enrico Rima. Die EU macht eine unglaubliche Handelspolitik." Was sie umtreibt: die Ungerechtigkeit der Globalisierung, Umweltverschmutzung, mangelnde Fairness im Handel mit wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern. Aber es geht ihnen auch um gute Klamotten. „Gut" vor allem im Sinne von nachhaltig produziert, fair gehandelt, biozertifiziert. Ihr Ärger darüber, dass das Gros an Kleidung, die man in Deutschland kaufen konnte, ihren ethischen Ansprüchen zuwider lief, war das Motiv für ihre Gründung Seit 2011 versuchen Itter und Rima gemeinsam mit ihrem Kompagnon Christoph Malkowski und ihrer Firma Lebenskleidung die Welt Stück für Stück ein bisschen besser zu machen: Dazu handeln sie mit GOTS zertifiziertem Stoff. Der „Global Organic Textile Standard" ist die weltweit führende Norm für biologisch und sozial einwandfrei produzierte Textilien. Im Angebot haben sie BioStoffe unter anderem aus Jersey, Fleece, Seide, Cord, Wolle und Leinen, in unterschiedlicher Dicke, in zahlreichen Farben, uni oder mit Mustern bedruckt. Beim Reisen fielen ihnen die Missstände auf Entstanden ist die Idee zu Lebenskleidung, als Rima und Itter, heute beide Mitte 30, im Rahmen ihres Studiums an einer indischen Hochschule zu Gast waren.
Bei Reisen durchs Land sind uns die Missstände in der Textilproduktion erst so richtig aufgefallen", erzählt Enrico Rima. Und wir haben uns die Frage gestellt, ob wir das moralisch. vertreten können, wenn uns unsere Kinder irgendwann mal fragen, warum wir nichts gegen die Umweltzerstörung und die Ungerechtigkeit in der Welt getan haben." So begannen sie, nach Alternativen für die vorherrschenden Produktionsmethoden auf dem Subkontinent zu suchen. Ein erstes Projekt, bei dem umweltfreundlich mit Pflanzenfarben gefärbt wurde, fand ich durch einen Artikel in der „Times of India", erzählt Benjamin Itter. Noch heute arbeitet Lebenskleidung mit diesem Produzenten zusammen. Doch 80 Prozent ihrer Waren stammen inzwischen aus der Türkei. „Der Transportweg ist kürzer, und auch mit der Geschäftsmentalität kommen wir besser zu recht", erklärt Rima. Denn bei allem Spaß an der Arbeit und moralischem Anspruch: Ums Geld verdienen geht es den Inhabern natürlich auch. Obwohl Gewinnmaximierung bei uns nicht im Fokus steht", sagen sie übereinstimmend. Aber wir wollen unsere Angestellten anständig bezahlen, und unsere Praktikanten bekommen auch Geld für ihre Arbeit." Derzeit ernährt die Firma sechs Vollzeitkräfte plus zwei Hospitanten.
„In der europäischen Branche kennt man uns", sagt Itter. Zu ihren Abnehmern zählen namhafte Bekleidungsproduzenten genauso wie kleine Stoffläden oder Designer, die bei Lebenskleidung ihre eigenen Muster drucken lassen. Dennoch gebe es auch nach fünf Jahren im Geschäft immer wieder einmal Situationen, in denen man kämpfen müsse, sagt Rima. Geschäfte machen sie auf Stoffmessen, oder sie präsentieren ihre Waren wie andere Vertreter auch bei den potenziellen Abnehmern direkt vor Ort. Der wichtigste Kanal ist aber unsere Internetseite", sagt Enrico Rima. Ebenso wie die persönlichen Kontakte: „Viele unserer Kunden sind gleichzeitig Freunde", sagt Rima. Sie haben aus den gleichen Motiven heraus gegründet wie wir." Dass sie einmal in der Textilbranche landen würden, war für keinen der Inhaber absehbar. Malkowski arbeitete während seines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums in einer Firma, die Holzfenster herstellt, Rima hatte Geografie und Umweltwissenschaften studiert, Itter zur Literatur noch Geografie und Politik. „Als ich Christoph von unserem Vorhaben erzählt habe, war er sofort dabei", erinnert sich Enrico Rima, der Malkowski schon seit Schulzeiten kennt. Wir haben sozusagen unsere Freundschaft im Geschäft wieder aufleben lassen."
Der Zeitpunkt für Lebenskleidung ist offenbar genau der richtige gewesen. „Der Markt wächst", sagen Benjamin Itter und Enrico Rima. „Inzwischen gibt es mehr als 100 reine Öko-Fashion Stores in Deutschland, selbst in kleineren Städten wie Münster." Unglücke, die es weltweit in die Medien schaffen, wie der Zusammenbruch einer Nähfabrik in Bangladesch, führen Kunden in den Industrieländern das Problem immer wieder vor Augen. Ihre Pläne für die Zukunft? Sie wollen weitere Materialien ins Portfolio aufnehmen, mit Designern neue Kollektionen machen, mit Digitaldruck arbeiten, in ruhigeres Fahrwasser kommen, den Mitarbeitern mehr Geld zahlen.
„Unser Ziel ist es eindeutig nicht, immer nur weiter zu wachsen“, sagt Enrico Rima. „Lieber wollen wir mehr Lebensqualität." Er selbst wünscht sich, freitags frei machen zu können. „Um im Garten zu arbeiten, handwerkliche Dinge zu tun", erzählt er. Benjamin Itter wäre gern häufiger in Italien und bei Freunden. Und er will wieder mehr Zeit fürs Schreiben haben. „Fürs Wundern über das Leben. „Wenn man sich mal überlegt, was wir aufgebaut haben, dann ist das schon ganz schön abgefahren."Flaschen als Rohstoff für Textilien
Kann Plastikmode öko sein?
Der Markt für nachhaltige Kleidung wächst. Die neue Vielfalt der Anbieter führt auch zu neuen Materialien jenseits von Wolle und Leinen.
taz die tageszeitung vom 27. 3. 2017 VON HEIKE HOLDINGHAUSEN
BERLIN taz | Plastikfasern in Pullovern – längst finden sie sich nicht mehr nur in Ware vom Grabbeltisch. Kaum eine Jeans ohne ein paar Prozentanteile Elastan; Sport- oder Regenkleidung kommen überhaupt nicht mehr ohne Stoffe auf Erdölbasis aus. Weltweit werden deutlich mehr Fasern aus Polyamid oder Polyester, wie etwa Polyethylenterephthalat (PET), hergestellt als aus Baumwolle.
Die winzige Marktnische der Biokleidung hat sich lange gegen diesen Trend gewehrt. Traditionell verwenden Hersteller mit Ökoanspruch Naturfasern, Biobaumwolle, Bioleinen oder Wolle aus biologischer Schafhaltung. Doch immer mehr Hersteller von ökozertifizierten T-Shirts, Hosen und Sweatshirts setzen auf Stoffe, die beispielsweise Polyester enthalten. Allerdings: Anders als bei konventioneller Mode sind Recyclingmaterialien wie Garne aus PET-Flaschen hier ein Muss, frische Fasern sind verboten.
Diesen Trend zum Kunststoff in der Ökobranche mit Zahlen zu untermauern, ist schwierig; Ein staatlich anerkanntes Biosiegel wie im Lebensmittelbereich fehlt, ein Verband, der einen wesentlichen Teil der Branche hinter sich vereinigen würde, ebenfalls. Es gibt kaum aussagekräftige Daten über den Markt ökologischer Kleidung. Trends zu einem Wandel der Rohstoffbasis sind aber erkennbar.„Die Nachfrage steigt kontinuierlich“, sagt Enrico Rima. Er ist Geschäftsführer des Ökostoffhändlers Lebenskleidung in Berlin, hier kaufen viele Hersteller ihre Stoffe. Hier, relativ am Anfang der Lieferkette, spürt man den Wunsch nach Material jenseits reiner Naturfaser: Die portugiesische Spinnerei Tearfil, die Garne für bekannte Ökomarken liefert, hat ein Garn mit einem 30-prozentigen Anteil an Recycling-PET ins Programm genommen.
„Ein Kilo Garn enthält acht Flaschen, die nicht auf der Müllkippe landen“, sagt Marla Gonçalves von Tearfil. Der Stoff verkaufe sich gut. Der inzwischen weit verbreitete Standard GOTS (Global Organic Textile Standard) erlaubt ausdrücklich einen Kunststoffanteil von 30 Prozent in zertifizierten Kleidungsstücken, solange es sich um Material aus alten Flaschen oder Verpackungen handelt.
Formstabil, sehr haltbar und leicht
„Wir erlauben in geringen Mengen bestimmte nachhaltigere Recyclingfasern“, sagt Claudia Kersten vom GOTS, „so ist uns eine breitere Produktpalette möglich, was dazu beiträgt, den gesamten Markt für nachhaltige Textilien weiterzuentwickeln.“ Experten halten Recylingkunststoff in nachhaltiger Kleidung für schlüssig. Die auf die Textilbranche spezialisierte Beratungsagentur Made by bewertet mechanisch recyceltes Polyester sogar besser als Biobaumwolle.
Die Flaschen oder Verpackungen werden geschreddert und die Schnipsel dann zu einem Garn eingeschmolzen. Das kostet wenig Energie und kaum Wasser – und schlägt die Herstellung konventionell erzeugter Baumwolle, die häufig gespritzt, gedüngt und intensiv bewässert wird, in Sachen Ressourcenschutz sowieso um Längen.
Stoffe mit Polyester bieten Eigenschaften, die es in reinen Baumwoll- und Leinenstoffen nicht gibt
Den Ökos geht es nicht nur um Ressourcenschutz oder darum, eine sinnvolle Verwendung für Abfall zu finden. „Stoffe mit Polyester bieten Eigenschaften, die es in reinen Baumwoll- und Leinenstoffen nicht gibt“, sagt Rima, „sie sind formstabil, sehr haltbar und leicht.“ Designer seien immer auf der Suche nach neuen Materialien, mit denen sich ihre Ideen umsetzen ließen – und da gäbe es eben auch für die ökologisch Denkenden unter ihnen mehr als Baumwolle, Wolle oder Leinen.
Das Kölner Vorzeigeunternehmen Armed Angels setzt ebenfalls Polyestermischungen ein, für die Sommerkollektion 2017 rund 2,5 Tonnen. „Ein Hoody für Männer aus reiner Baumwolle kann ganz schön schwer sein“, sagt Julia Kirschner, Sustainability Managerin der Firma, „etwas Recycling-PET beigemischt macht ihn leichter und erhöht den Tragekomfort.“
Unumstritten ist der Plastikanteil in Biokleidung aber nicht. „Das sind schwierige Diskussionen“, sagt Kersten, „wir wägen ständig ab, welche Vorgaben nötig und welche Freiheiten möglich sind.“ Natürlich sei der Einsatz von Recyclingpolyester „nicht die reine Lehre“, sagt Rima von Lebenskleidung, „aber wir müssen auch den Markt zu Kenntnis nehmen.“ Und auf dem sei der Anteil von Baumwolle nun mal seit Jahren rückläufig – sowohl im konventionellen wie im ökologischen Bereich. „Einen Naturfaseranteil von 100 Prozent, den kriegen wir nicht mehr hin“, sagt er. Allerdings sei ihm bewusst, dass sich Stoffgemische aus Natur- und Kunstfasern nicht mehr recyceln ließen.
Plastikperlen im Abwasser
Auch bei Armed Angels sorgt man sich um die Kreislauffähigkeit der Produkte. „Abgesehen davon geben kunststoffhaltige Textilien bei jedem Waschgang kleine Plastikpartikel ins Wasser ab“, sagt Julia Kirschner, „und die landen dann als gefährliches Mikroplastik in Flüssen und Meeren.“
„Da stimmt nicht ganz“, sagt Claus Gerhard Bannick, Leiter des Fachgebietes Abwassertechnikforschung im Umweltbundesamt, „die Kläranlagen in Deutschland arbeiten effizient.“ Die aktuellen Diskussionen in der Ökotextilbranche hält er für übertrieben. „Valide Daten, wie viele Fasern in die Meere über den Abwasserpfad eingetragen werden, liegen uns aktuell gar nicht vor“, sagt er. Um zu erfahren, wie groß die Mengen an Mikroplastik sind und wo diese landen, verteile das Bundesforschungsministerium übrigens gerade etliche Millionen Euro an Forschungsförderung.
Korrekt gekleidet zwischen allen Stühlen: Die Firma Lebenskleidung verkauft Ökostoffe. Mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien fremdelt das Unternehmen noch immer
Saubere Stöffchen
taz die tageszeitung vom 11.10. 2017 VON HEIKE HOLDINGHAUSEN
Dritter Aufgang in den hellgelb geklinkerten „Höfen am Engelbecken“, ein altes Industriegebäude mitten im Berliner Bezirk Kreuzberg. Im ersten Obergeschoss auf 300 Quadratmetern lichtes Chaos, ein altes Sofa hier, überfüllte Schreibtische dort, von wegen papierloses Büro – auch wenn die junge Firma voll und ganz aufs Internet setzt.
Im fensterlosen Besprechungszimmer sitzt, umstellt von Holzregalen voller Stoffmuster, Enrico Rima. Der 36-Jährige ist einer von drei Gründern der Firma Lebenskleidung. Ihr Geschäftsmodell: „Probleme von kleinen und mittelgroßen Öko-Designern lösen“, sagt Rima. Er arbeitet nicht nur im Vorstand des Internationalen Verbandes Naturtextil (IVN) mit, sondern vertritt sein Unternehmen seit zwei Jahren auch im Bündnis für nachhaltige Textilien von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).
Lebenskleidung bietet Stoffe an – von Leinen über Jerseys bis zu Cord und Strick. „Viele Modelabel, die ökologisch produzieren, sind zu klein für eigene Aufträge an Strickereien und Webereien“, sagt Rima. Dort müssen Designer Hunderte von Metern abnehmen und bezahlen – für die oft jungen Ökofirmen nicht machbar. Lebenskleidung ist der Stofflieferant für die Nische, verkauft im Onlineshop Stoffe ab einem Meter, im Schnitt werden zwischen zehn und dreißig Meter bestellt. Alle Stoffe tragen das anspruchsvolle Öko-Siegel Gots. Das heißt, sie bestehen aus kontrolliert biologischen Fasern, etwa aus Baumwolle oder Recycling-Kunststoff, die ohne giftige Chemikalien gesponnen, gefärbt und gewebt wurden – von Arbeitern und Arbeiterinnen, für die bestimmte Sozialstandards gelten. Ein Stoff mit Gots-Siegel geht also weit über ein Gewebe aus „kontrolliert biologischer Baumwolle“ hinaus.
Obwohl die Firma Waren nach höchstem Öko-Standard verkauft, gehört sie nicht zu den Vorreitern im Textilbündnis, die schon jetzt ihre Nachhaltigkeitsziele für 2017 veröffentlicht haben. Diese Roadmaps sind ein Kernstück der Bündnisarbeit. In den Roadmaps mussten sich die Mitglieder Ziele für 2017 setzen, etwa wie sie den Anteil an nachhaltigen Naturfasern erhöhen wollten. Ob sie diese aber veröffentlichen, blieb ihnen dieses Jahr noch freigestellt, ab 2018 sind sie dazu verpflichtet. Nur 19 der 87 berichtspflichtigen Unternehmen haben ihre Ziele schon in diesem Jahr veröffentlicht – eine Enttäuschung für Minister Müller, er hatte auf die Hälfte der Unternehmen gehofft. Doch die Wirtschaft hält sich bedeckt – gerade auch die kleinen und mittelständischen Öko-Unternehmen, die eigentlich nichts zu verbergen haben.
Viele Öko-Label sind zu klein für eigene Aufträge an Strickereien und Webereien
„Ich wollte erst mal sehen, was aus dem Bündnis wird und was die großen konventionellen Unternehmen wirklich bereit sind zu leisten“, sagt Rima, „ich hatte keine Lust darauf, dass das Bündnis mit unsrem Namen PR machen kann, ohne dass ich weiß, in welche Richtung es sich entwickelt“. Der studierte Umweltwissenschaftler hat bei einem einjährigen Auslandssemester in Indien die katastrophalen Bedingungen der dortigen Textilindustrie kennen gelernt und zusammen mit Kommilitonen beschlossen, Stoffe für „saubere Kleidung“ zu liefern. Insgesamt acht Leute arbeiten inzwischen für Lebenskleidung, „genau die richtige Größe, sodass wir mittags noch zusammen kochen können und ich von jedem den Geburtstag kenne“, sagt Rima. Natürlich habe seine Firma andere Interessen und Arbeitsweisen als die internationalen Konzerne im Textilbündnis.
„Die Ökos sitzen zwischen allen Stühlen“, sagt Heike Hess, Geschäftsführerin des IVN, lange Zeit prominent im einflussreichen Steuerungskreis des Textilbündnisses vertreten. „Für die NGOs könnten wir noch transparenter sein“, sagt Hess, „die halten etwa das Gots-Siegel in Sachen Sozialstandards nicht für ausreichend“. Und für die konventionellen Unternehmen sind die Öko-Standards von Unternehmen wie Maas-Natur, Hess-Natur oder eben Lebenskleidung zu anspruchsvoll. Auf lange Sicht muss das Bündnis beweisen, dass die Öko-Pioniere auch hineingehören“, sagt Hess.
Wer will, kann Austrittsgedanken heraushören. Was wäre das Textilbündnis ohne die Unternehmen wert, die schon vorleben, dass sich Mode ökologisch und sozial herstellen lässt? Wohl weniger als jetzt. Und wie wichtig ist Rima die Mitgliedschaft im Bündnis? „Eher nicht so prioritär“, sagt er, „wir wollten die Initiative als kritische Beobachter unterstützen“. Sein Fazit nach drei Jahren Textilbündnis: „Jede Tonne Biobaumwolle mehr im Handel verbessert das Leben von vielen Menschen“
Wie gehen deutsche Textilunternehmer, die in der Türkei produzieren, mit der politischen Lage dort um?
Vorsicht, Hoffnung, Portugal
taz.am Wochenende vom 12. 8. 2017 VON ELISABETH KIMMERLE
Ende Juli tauchte in der Türkei eine Liste mit deutschen Unternehmen auf, die der Terrorunterstützung verdächtigt werden. Das Auswärtige Amt verschärfte die Reisewarnungen für die Türkei, und Außenminister Sigmar Gabriel riet deutschen Unternehmen davon ab, dort zu investieren.
Die türkische Regierung reagierte empört über die angekündigte Neuausrichtung der deutschen Türkeipolitik, zog die Liste zurück und sicherte deutschen Investoren Schutz zu. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries sah die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen auf einem „Tiefpunkt“ angelangt.
Wie wirkt sich die angespannte Lage zwischen Deutschland und der Türkei auf die Handelsbeziehungen aus?
Die taz.am wochenende hat bei nachhaltigen Textilunternehmen, die in der Türkei produzieren, nachgefragt.
p>Die Textilbranche ist der wichtigste Industriesektor des Landes, die Türkei ist eines der Länder, die am meisten Biobaumwolle produzieren. Deutsche Unternehmen, die nachhaltige Mode produzieren, sind besonders verwurzelt in der Region, es dauert Jahre, die nötigen Beziehungen aufzubauen. Wie gehen sie mit den Entwicklungen in der Türkei um? Was bedeutet das für die Produktion? Wollen sie die Produktion in ein anderes Land verlagern oder jetzt erst recht bleiben, um ihre Partner vor Ort zu unterstützen? Manche Unternehmen haben Angst, ihren Produktionspartnern zu schaden und wollen die Lage deshalb nicht kommentieren. Diejenigen, die sprechen, wägen ihre Worte genau ab.„Die Türkei ist nicht Erdoğan“
Wir produzieren seit 2010 Biostoffe in Denizli, zwei Stunden von Izmir entfernt. Von dem angespannten Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei bekommen wir direkt nichts zu spüren. Aber ich habe gemerkt, dass ich meinen regelmäßigen Produzentenbesuch lange vor mir hergeschoben habe. Im April war ich dann vier Tage in der Türkei. Unsere Produzenten haben erzählt, dass sie jetzt alle Kunden im Ausland abklappern müssen, um ihnen zu sagen: Die politische Situation ist im Moment scheiße, aber ihr könnt euch auf uns verlassen. Wir arbeiten mit einem kleinen Familienunternehmen zusammen, zu dem wir ein sehr herzliches Verhältnis haben. Ich war sogar zu der Hochzeit des Sohns unseres Produzenten eingeladen. Da fragen wir uns schon: Sollen wir alle Leute kollektiv für die Situation in der Türkei bestrafen? Unser Produzent engagiert sich bei der Opposition, das könnte zu einem Risiko für uns werden. Aber wir wollen das Risiko in Kauf nehmen und ihn weiter unterstützen, weil er für uns wie ein Vater ist, der uns drei Jungs anfangs dabei geholfen hat, Ökostoffe zu verkaufen. Die Türkei ist nicht Erdoğan – und die Produzenten können am wenigsten für die jetzige Situation. Wir wollen diesen Teil unserer Produktion auf keinen Fall in ein anderes Land verlegen – auch, weil das gar nicht so einfach ist. Es dauert mindestens ein Jahr, bis man die ganzen Beziehungen aufgebaut hat.
Die Textilbranche ist unglaublich wichtig für die Türkei. Ich habe auch noch von keinem fairen Unternehmen gehört, dass es in der Türkei Probleme gab. Aber klar ist auch: Es gibt de facto einen sich auflösenden Rechtsstaat, im Ausnahmezustand kann jeder willkürlich festgehalten werden. Natürlich trübt der Ausnahmezustand die Beziehungen.
Ich bin zwei- oder dreimal im Jahr dort, aber das letzte Mal habe ich mit mir gekämpft. Direkt nach dem Putschversuch gab es eine seltsame Kommunikation mit unserem Produzenten: Wohl aus Angst vor abgefangenen E-Mails und um sich selbst zu schützen, hat er uns geschrieben: Alles okay, das war nur ein Putschversuch von den Gülenisten. Wir haben uns gewundert, so kannten wir ihn nicht. Ich denke, er hatte anfangs Angst. Nach einem halben Jahr war alles wieder normal, weil niemand von ihnen verhaftet wurde. Ich fand es grundsätzlich gut, dass Sigmar Gabriel einen Strich gezogen hat: bis hierher und nicht weiter. Das hatte vor allem Signalwirkung nach außen. Aber kein Unternehmer, der in der Türkei produziert, kann sich erlauben, die Handelsbeziehungen von heute auf morgen abzubrechen.Wenn es um neue Investitionen ginge, würde ich natürlich auch sagen, ich gehe lieber nach Portugal oder ein anderes europäisches Land. Aber als nachhaltiges Unternehmen legen wir Wert auf die ethischen Grundsätze, nach denen wir arbeiten, und da gehören langfristige vertrauensvolle Beziehungen auf jeden Fall dazu. Das Worst-Case-Szenario wäre, dass die Regierung unseren Produzenten enteignet – dann würden wir unsere Produktion aus der Türkei abziehen. Das wollen wir natürlich nicht, aber es träfe uns nicht ganz unvorbereitet: Wir haben uns aus ökonomischen Gründen schon vor dem Putschversuch dazu entschieden, einen anderen Teil der Produktion nach Portugal zu verlegen. Der Preis und die Qualität waren dort teilweise besser.
Enrico Rima ist einer der drei Gründer von „Lebenskleidung“
„Erdoğan ist ein Unsicherheitsfaktor“
Es steht im Moment auf der Kippe, ob wir weiterhin in der Türkei produzieren. In dem Moment, in dem ich Angst habe, dorthin zu fliegen, verlagern wir die Produktion. Oder, wenn wir Angst haben müssen, dass unsere Produzenten in den Fokus geraten, weil sie mit uns zusammenarbeiten. Ein Glück, dass wir schon vor zwei Jahren 70 Prozent der Produktion nach Portugal verlegt haben. Aber das ist alles mit einem Kraftakt verbunden. Wir sind seit sechs Jahren in Izmir, das ist ein sehr verlässlicher, guter Partner. Seit dem Putschversuch merke ich, dass viel mehr Anfragen und Zugeständnisse von den türkischen Produzenten kommen: Auf den Messen kommen viele auf uns zu, weil immer mehr andere deutsche Unternehmen ihre Produktion aus der Türkei abziehen. Deshalb ist die Zusammenarbeit mit den Produzenten vor Ort gerade deutlich einfacher als früher. Wir rennen offene Türen ein. Eigentlich läuft alles recht glatt, aber ich müsste mir schon überlegen, ob ich gerade in die Türkei fliegen würde. Wahrscheinlich ja, aber mit einem unguten Gefühl, wenn dort jetzt schon Deutsche aufgrund von nicht belegbaren Beweisen verhaftet werden. Wir werden auf jeden Fall nicht noch mehr Produktion in die Türkei verlegen. Erdoğan ist ein Unsicherheitsfaktor, er macht, was er will. Das ist sehr schade, weil die Türkei ein ziemlich großer Exporteur von Textilien und einer der größten Produzenten von Biobaumwolle ist.
Jan Thelen ist Geschäftsführer von „Recolution“
„Wir tragen eine Verantwortung für unsere Partner“
Für uns als nachhaltiges Unternehmen ist es eine echt schwere Frage, wie wir mit den Entwicklungen in der Türkei umgehen sollen. Dieses Thema bewegt uns seit Langem, wir setzen uns immer wieder deswegen zusammen.Alle zwei Monate reist jemand von unserem Unternehmen in die Türkei. Unsere Philosophie ist, langfristig mit unseren Produktionspartnern zusammenzuarbeiten. Wir kennen die Menschen und mögen sie. Unsere Partner sind zum Teil auf die Zusammenarbeit mit uns angewiesen. Das jetzt über Bord zu werfen würde unserem Konzept der Nachhaltigkeit widersprechen. Klar kriegen wir mit, dass die Situation zwischen Deutschland und der Türkei gerade angespannt ist. Es ist nicht so, als hätte das keine Auswirkungen auf uns. Wir merken das beim Zoll und daran, dass es für unsere Mitarbeiter schwieriger wurde, Visa zu bekommen, wenn sie zu uns nach Deutschland möchten. Wir beobachten die Situation genau, weil wir nicht wollen, dass unsere Mitarbeiter gefährdet werden. Was uns mehr Sorgen macht als die Terrorliste, auf der auch deutsche Unternehmen standen, ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung in der Türkei sich von Werten verabschiedet, die wir fördern wollen. Ein ganzes Land begibt sich in die Isolation. Dagegen sind wir machtlos, das können wir als Modeunternehmen nicht beeinflussen. Wir wollen uns für die Menschen in der Produktion und für die Umwelt einsetzen. In den sozialen Medien gibt es tatsächlich vereinzelt schon Fragen, warum wir in der Türkei produzieren. Dann müssen wir erklären, dass es unserer Philosophie widersprechen würde, dort alles über Bord zu werfen. So eine Produktionskette aufzubauen dauert Jahre. Wenn wir von einem Tag auf den anderen unsere Produktion in ein anderes Land verlagern würden, würde das den Menschen dort nicht nützen. Im Gegenteil, damit würden wir alles kaputtmachen, was wir dort zusammen aufgebaut haben. Wir tragen eine Verantwortung für die Menschen.
Martin Höfeler ist Gründer von „Armedangels“
Bio-Rohstoff als Meterware
BIORAMA Artikel über uns und unsere Arbeitsweise VON THOMAS STOLLENWERK · 21. JUNI 2017
Wenn du auf diesen BIORAMA Artikel klickst, erfährst Du mehr über die Hintergründe des nachhaltigen Textilbooms, die besondere Rolle von Lebenskleidung in der Branche und wie Mitgründer Enrico Rima und Team mit Produzenten weltweit zusammenarbeiten, um Qualität und Ethik in den Vordergrund zu stellen. Ein Einblick in die Vision eines transparenten und nachhaltigen Textilmarktes erwartet Dich.